/ Juni 9, 2020/ Aktuelles, Digital

Kein Kind ohne digitale Kompetenzen …

… das war der Slogan der Initiative eEducationAustria des Bundesministeriums für Bildung im Schuljahr 2015/16.

Unsere Schule hat bereits 2008/09 begonnen, e-Learning in den Schulalltag zu integrieren – viele Hürden gab es zu überwinden – doch es hat sich mehr als ausgezahlt, unermüdlich und mit viel Energie an diesem Projekt festzuhalten.
Niemand hat mit der „Corona-Krise“ gerechnet, die uns zu Beginn des 2. Semesters erreicht hat.
Das Gymnasium Zwettl war aber nicht unvorbereitet, im Gegenteil, wir waren voll gerüstet für die Umstellung auf Fernlehre. In einem ORF-Interview betonte Direktor Steinbauer: „Das ist jetzt schon Schulalltag, wir brauchen hier nichts vorzubereiten.“ Allerdings, so einfach war die Sache dann auch wieder nicht, denn trotz einer guten Basis galt es, mit diversen Problemen zu kämpfen:
Wie erreichen die Lehrer ihre Schüler? Wie können die Schüler ihre Lehrer erreichen? Wie funktioniert Fernunterricht wirklich? Wird „Home-Schooling“ erfolgreich sein und alle Kinder erreichen (Stichwort technische Ausstattung zu Hause)?

Wir erinnern uns zurück: Freitag, 13.(!) März:
Entgegen der Annahme, die Schulschließung erfolgt mit Mittwoch, 18. März, war plötzlich bereits jetzt Schluss – manche Lehrer verteilten noch rasch Arbeitsblätter, andere instruierten die Kinder bzgl. Kommunikation via E-Mail bzw. erstellten Klassengruppen im UntisMessenger, der auch als App am Mobiltelefon gut funktioniert – pünktlich am Montag stürzte dieses System aber österreichweit ab!
Geschwind richtete man E-Mail-Klassengruppen und sogar WhatsApp-Gruppen ein – nun war langsam das Chaos perfekt: Über welchen Kanal baut man die Kommunikation auf?

Als Plattform für Unterrichts- und Übungsmaterial bzw. zur Abgabe von Aufgaben hatte sich ja bereits seit Jahren die Lernplattform moodle etabliert – doch auch sie erwies sich als zunehmend instabil.
Somit aktivierten viele Lehrer MS Teams. Ganz wenige von ihnen hatten bereits Erfahrung, Schüler allerdings noch kaum – wie erklärt man den Umgang mit einem neuen Tool ohne Präsenz im Klassenzimmer?
Das war nun eEducation für alle Beteiligten:

  • Lehrer nahmen an Webinaren zum Thema „Distance-Learning“ teil, schauten unzählige YouTube-Videos zum Umgang mit den Möglichkeiten von MS Teams und alternativen online- Unterrichtsformen und unterstützten sich gegenseitig (Stichwort „Buddy-System“).
  • Schüler lernten, das Handy zum Lernen – ja, auch das ist möglich – zu nutzen, wurden im Umgang mit bisher unbekannten digitalen Medien gefordert und kämpften um den Platz am Familien-PC.
  • Eltern mutierten zu Unterstützungslehrern und IT-Fachleuten und kämpften ebenso um den Platz am Familien-PC, der im verordneten Home-Office zum Objekt der Begierde wurde.

Rund um Ostern entwickelte sich so etwas wie die vielzitierte „neue Normalität“ auch im Schulbetrieb: In vielen Gegenständen wurde über MS Teams auch Live- Unterricht praktiziert, eine neue Erfahrung, wo trotz der räumlichen Distanz und der fehlenden sozialen Kontakte eine gewisse Nähe aufgebaut werden konnte: Man sieht sich am Monitor, man hört sich und (haha) kann sich gegenseitig stummschalten – leider fallweise auch den Lehrer.

Auch wenn der vorgeschriebene Lehrstoff nicht in allen Bereichen und sicher nicht vollständig durchgenommen werden konnte, gelernt haben alle Beteiligten trotzdem viel:

  • Selbstständigkeit und Selbstorganisation
  • Struktur und Zeitmanagement
  • Konzentration auf das Wesentliche und die Fähigkeit, den Überblick zu behalten

Es bleibt zu hoffen, dass diese „neue Normalität“ im kommenden Schuljahr wieder von der „alten“ abgelöst wird, dass wir wieder miteinander im Klassenzimmer arbeiten können, denn die Schule ist mehr als Unterricht und Aufgaben, Schule ist auch soziales Leben, Menschlichkeit, Freundschaft – keine noch so perfekte digitale Kompetenz kann das ersetzen!

Mag. Dr. Andrea Lindenhofer